11.06.2018
Auf den Spuren von Pfarrer Ziegra

Zum ersten diesjährigen Treffen der ehrenamtlichen Kirchenführer des Evangelischen Kirchenkreises Wittenberg hatte Prädikant Andreas Bechert – Leiter der Akademie für das Ehrenamt im Kirchenkreis Wittenberg – am Samstag, den 09. Juni 2018, eingeladen. Nachdem die Treffen im vergangenen Jahr anlässlich der Höhepunkte des Reformationsfestes beide in Wittenberg stattfanden und man sich intensiv der Schloss- und Stadtkirche zuwandte, führte das erste Treffen 2018 nach Bad Schmiedeberg. Die Einladung wurde gern angenommen und die Bad Schmiedeberger Gemeindemitglieder hießen die Gäste in ihrem gemütlichen Pfarrhaus aus dem Jahre 1563 herzlich willkommen. Aus Anlass der in der Stadtkirche stehenden Geissler-Orgel, gab es zu Beginn der Kirchenführerschulung eine interessante Power-Point-Präsentation von Andreas Bechert zum Leben und Wirken des bekannten Eilenburger Orgelbauers Conrad Geissler, welcher in seinen 45 Berufsjahren insgesamt 120 Orgeln – hauptsächlich für den mitteldeutschen Raum – baute.

Nach den Ausführungen zum Thema Orgelbau, erwartete die geladenen Gäste in der Evangelischen Stadtkirche der ehemalige verdienstvolle Pfarrer Daniel Ziegra, alias Pfarrer i.R. Christoph Krause. Pfarrer Ziegra leitete 30 Jahre lang die Gemeinde. Mit seinem Talar und seiner weißen Perücke versetzte er die Besucher in längst vergangene Zeiten zurück und durch seine sympathische und mitreißende Art wurde die Kirchengeschichte, der 1453 geweihten Kirche, lebendig. In einer Stunde durchlebten die Gäste und weitere Besucher unter anderem die Kirchenvisitation Luthers 1528 sowie die verheerende Zeit des 30-jährigen Krieges. So wurde z.B. auch der bei Lützen gefallene Schwedenkönig Gustav II. Adolf 1632 in dieser Kirche aufgebahrt, bevor er in seine Heimat überführt wurde. Weitere Geschichtsmomente des Gotteshauses waren die Zerstörung desselben 1637, deren Wiederaufbau in den folgenden Jahren, der große Brand von 1904 und der herausragende Aufbau des Turmes noch im selben Jahr. Die finanziellen und materiellen Schwierigkeiten der Kirche zu Zeiten der DDR und die aufwändige Restauration ab 1992, welche 2011 und 2015 mit der Sanierung des, das Stadtbild prägenden Kirchturms ihren letzten Höhepunkt hatte, ist Vielen noch im Gedächtnis.
Sogar Conrad Geissler, alias Torsten Höse, war eingeladen an diesem sonnigen Samstag, um die Kirchenführer mit dem Klang der Orgel zu verzaubern. Im Anschluss konnte die bemerkenswerte Arbeit des Orgelbaumeisters von 1853, welche durch den Orgelbauer Andreas Voigt aus Bad Liebenwerda 1997 restauriert wurde, bestaunt werden. Die Gäste waren beeindruckt vom Blick in das Innenleben der riesigen Orgel mit den über 1200 Pfeifen.
Die Evangelische Stadtkirche in Bad Schmiedeberg – ein einladender Ort mitten in der Stadt, der das inzwischen sehr ruhig gewordenen Städtchen mit seinen Gottesdiensten, Konzerten und sonstigen Angeboten zum Leben erweckt und so manchen Kurgast anlockt. Auch der Raum der Stille wird gern aufgesucht, so versicherte Pfarrer i.R. Christoph Krause.
Der Besuch der 1721 errichteten barocken Friedhofskapelle war der letzte Punkt des Tagesprogrammes. Die Geschichte dieser Kapelle ist bis heute nicht endgültig erforscht. Auffällig sind eine für diese Region eher ungewöhnliche Anordnung der Bänke im Raum und die „Feierabendsteine“ der Fußbodenpflasterung mit ihren verschiedenen Motiven aus der Erbauungszeit. Die gesamte Ausstattung einschließlich der Emporen-Malerei und des Kruzifixes stammen ebenfalls aus dieser Zeit.
Alle ehrenamtliche Kirchenführer des Kirchenkreises Wittenberg wurden am Ende der Veranstaltung zum nächsten Treffen im August 2018 herzlich eingeladen in die Kirche nach Löbnitz. Hier findet man eine herausragende Bilderbibel an der Kirchendecke, die als größte und umfangreichste Bilderdecke Deutschlands gilt. Stephanie Bechert